Unbehagen der Kultur Lvl. 3000 oder: TW Adorno

Es ist ja nun gerade…

Es ist ja nun gerade Pandemie, und die Corona-Fallzahlen im Radio hören sich wie der Wetterbericht. Dank des Klimawandels ist der Wetterbericht ja inzwischen eine einigermaßen aufregende Angelegenheit. Eventuell sogar beängstigender als die Tagesaktuelle Zunahme des 7-Tage R-Werts.
Als Kunststudent habe ich noch nie genug Geld verdient um Ansprüche auf irgendwelche Novemberhilfen zu haben, und bis zur 2. Juni Hilfe und dem bewaffneten Aufstand gegen den Neoliberalismus mache ich also Zukunftspläne und schaue mir auf schönen Websiten an, was es so alles für Atelierförderungen gibt.
Es wurde viel über die Systemrelevanz der Künste geredet, und ich muss ehrlich zugeben, ich glaube nicht daran. Ich würde sagen, es hat sich noch nie jemand für die Ausstellungen interessiert die wir gemacht haben, und wenn sich das mal ändert, würde ich mir zugegebenermaßen Sorgen machen.
Ich meine damit nicht Subkultur und Aussenseitertum, weil das eine zu einfache Erklärung ist, ein billiger Trick um doch zum großen und Ganzen dazuzugehören.
Vielmehr ist es so dass ich scheitere. Das klingt dramatischer als es ist, ich will es erklären. Ich scheitere daran Kunst zu machen.
Ich scheitere an Professor:innen, an den Älteren, den Galerist:innen und Kurator:innen.
Ich scheitere an Komiliton:innen und Altersgenossen.
Ich scheitere am Wohnungsmark und ich scheitere im Atelier.
Ich scheitere bei der vitaminreichen Ernährung und bei militanten Protesten.
Ich scheiterte schon bevor es HomeOffice gab,
und wenn alle geimpft sind werde ich wieder bei Vernissagen scheitern.
Das ist fein so, es geht nicht anders.
Ich scheitere daran mich verständlich zu machen. Und ich bin darauf Angewiesen, dass es Vermittler:innen gibt, die der Welt bescheinigen dass das was ich tue Kunst ist. Die bekommen dann Geld dafür.
Wenn ich vom Scheitern rede, dann meine ich nicht dass man es lassen sollte. Scheitern bedeutet nämlich dass man nicht aufhört sich weiter durchzuwurschteln, logisch. Es bedeutet nur, dass man dabei permanent an den Erwartungen vorbeigeht. Nicht mit Absicht, sondern weil es halt nicht anders geht. Im Scheitern ist man nicht weniger abhängig als im Erfolg, nur weniger erfolgreich.
Mit einer Arbeit zu scheitern macht sie auch nicht zur besseren Arbeit. Und nur weil man das Scheitern postuliert, ist die nächste Niederlage nicht weniger bitter.
Und der Erfolg ist nicht süßer desto öfter man scheiterte, egal was Sie sagen.
Die Seite ist fast vorbei, und möchte deshalb einige Missverständnisse ausschließen:
Ich bin nicht deprimiert, nicht wütend, traurig, resigniert, und ich bin nicht zynisch! Ich finde das alles großartig! Ich finde nur wir sollten aufhören, uns hinter den Erfolgen zu verstecken,
weil das macht erpressbar.

Knutscha,
Paul