lindenblüten

Irgendwann leuchtet der himmel immer blau bis blau grau.
Nicht so wie den tag über, sondern rein aus sich selbst heraus ins Tiefe, mit Verläufen an den Rändern und den Scheme der Häuser dort wo die Sonne noch war.
Manchmal ist er auch nur grau. So wie vorhin, da hat es geregnet.
Das passiert nicht mehr so oft. Danach ist alles anders, es soll öfter so gewesen sein.
Irgendwann zu dieser Zeit knackt es schnell und oft hintereinander bist die Gaslaternen flackernd angehen.
Also außer manche. Warum weiß kein*e so genau. Vielleicht haben sie die Zuversicht verloren so ganz hinter Glas?
Jedenfalls ist es dann Zeit auf zu brechen. Spazieren, meine ich. Mein Wehmut folgt mir ein jedes mal treu.
Manchmal sprechen ich ihnen, also den Laterne, gut zu wenn er gerade mal wieder ein Stück hinter her hängt und mich nicht hört. Er versucht beim gehen die Ritzen zwischen den Pflasterplatten nicht zu berühren.
Und muss dabei an das Lied vom Lampenputzer denken.
„War ein mal ein Revoluzzer im Berufsstand Lampenputzer…“
Ein jedes für sich gelingt heute wohl nur noch schwerlich.
Auf der Brücke neigen wir uns, über das schwarze Wasser gemeinsam mit den Bäumen am Ufer. Es fließt in Richtung Hauptbahnhof. Auf dem Weg wird es noch schwärzer werden.
Die Pappeln rauschen dazu. Manchmal verfangen sich zu dieser Zeit Worte in ihren Zweigen. Sind sie vom Boden aus zu erreichen, stecke ich sie ein und nehme sie mit.
Sie finden sicher einen Platz auf der halb fertigen Postkarte für L. die auf dem Schreibtisch liegt.
L. ist daheim und hofft auf baldige beschaulichere Wochen im Sommer auf der Gartenbank, zusammen mit L.’s erwachsenen Brokkoli und dem halbstarken Rosenkohl.
Es wird dunkler, Wehmut rückt näher und wir machen uns auf den Rückweg.
Unterwegs bastelt sich eine Geschichte in meinem Kopf.
Und alles nur weil ich wie letztes Jahr die Lindenblüte verpasst habe!

//20.juni 2022, berlin
//subject:lindenblüten
//äquator