[Aphorismen # 4] Das Unbehagen des Professionalismus, oder: Interesse hilft

Ich habe angefangen zeitgenössische Texte zu lesen die in Medien der Presse veröffentlicht werden, Kolumnen zum Beispiel.
Und ich habe die Kommentare dazu in den Kommentarspalten der Onlineausgaben zu lesen.
Wie auch in den Threads auf Twitter (auch so etwas was ich manchmal lese), also den Textsammlungen unterschiedlicher User, die entstehen wenn man auf einen Beitrag auf Twitter antwortet, ist es meist so, dass am Anfang des Geschehens ein Text steht, in dem von einer AutorIn* eine Aussage getroffen wird, mit ein wenig Ausführung, wie es zu dieser Aussage kommt.
Eine Aussage ist immer auch Standpunktnahme, und daher dient die Ausführung der Festigung und Legitimation des Standpunktes.
Das kann argumentativ geschehen, und auch durch kunstvolle Formulierungen,
die Witz, Klugheit oder Einfühlungsvermögen ausdrücken.
Es gibt Leute die das von Berufswegen machen, und deren Job es ist, gut darin zu sein.
Viele der Leute, die als Reaktion auf einen solcherart gestalteten Beitrag ein Kommentar hinterlassen
in welchem sie unter Umständen einen entgegengesetzten Standpunkt einnehmen, tun dann genau das selbe, wobei es ein beliebtes Mittel zu sein scheint, die Argumente des ersten Textes zu wiederlegen oder umzukehren.
In der Geistesgeschichte spricht man von Logik und Rhetorik, also von Sinnhaften Zusammenhängen, und dem gekonnten Anwenden dieser in der Kommunikation (siehe auch Sophismus).
Das ist nicht grundsätzlich ein Problem, denn es ist nicht falsch, unterschiedliche Standpunkte zu haben und sie mit den gleichen Mitteln zu vertreten wie Andere.
Allerdings geschieht es dabei häufig, oder zumindest habe ich diesen Eindruck, dass es nicht möglich ist, sich Inhaltlich über irgendetwas auszutauschen.
Sprachliches Können ist eine schöne Sache, um eine simple Aussage mit mehr Information zu versehen, durch eine bestimmte Sprache, die das ganze beispielsweise in einen Kontext setzt, die These untermauert, oder eine Stimmung oder ein Gefühl bei den Lesenden hervorruft.

Aber wenn alle Leute die an einem Gespräch beteiligt sind aufwändige Sätze bauen und selten benutzte Wörter kennen, dann führt das noch nicht dazu dass es ein gutes Gespräch ist, nach dem jemand etwas Verstanden hat, was Ihn* oder Sie* interessiert (was meiner Meinung nach der relevanteste Grund ist, um ein Gespräch zu beginnen).
Und wenn alle aufregende Sätze schreiben, bedeutet das leider auch nicht automatisch, dass am Ende jemand verstanden hat was das Anliegen des Gegenübers war.
Was man dafür braucht ist nämlich nicht unbedingt Können im technischen Sinn, sondern die Bereitschaft, an einem Gedankenaustausch teilzunehmen. Manchmal ist es dann sogar hinderlich, wenn eine/r* der Beteiligten eine sehr aufwändige Sprache benutzt, weil Andere, die eventuell keine Übung darin haben, dann darin eine Hirarchie spüren, die den Gedankenaustausch erschwert.

Was ich versuche damit auszudrücken ist, dass ein gewandter Umgang mit Sprache sinnvoll sein kann, auch sehr schön, aber im Umkehrschluss , also andersrum gesehen, nicht bedeutet dass darin die Schönheit oder der Nutzen eines Gesprächs liegen muss.

Es ist glaube ich wichtiger, dass Interesse besteht zu hören oder zu lesen, was eine bestimmte Person sagt. Sonst reden alle, und alle haben recht, aber niemand weiß am Ende was die Anderen gesagt haben.