Die Urlaubspostkarte als Direkte Aktion

Karlsruhe // 10. Januar 2019 // Maeridian
Viele haben sie vielleicht lange nicht gesehen, aber theoretisch ist sie noch da: Die Postkarte.

Letzten Sommer habe ich einem Freund erklärt, wie man diese Dinger benutzt. Man ist irgendwo, geht zum Kiosk, sucht sich ein Motiv aus, schreibt einen kurzen Text drauf.
Bisschen wie SMS. Oder WhatsApp, Telegram,Threema, wassauchimmer. Nur dass der Postbote im Zweifelsfall mit liest.
Diese Vorstellung kann übrigens sehr lustig sein. Je nachdem was man so schrieb.
Dann folgt eine etwas mühsamere Episode des langsamen Erinnerns an die genaue Anschrift,
d.h. Nachname, Straße, Hausnummer, Ort und Postleitzahl der Adressierten Person, wobei diese übrigens nicht unbedingt exakt sein muss, ich habe jahrelang Karten von einem Freund aus Italien bekommen, die alle ankamen, bei denen die Anschrift nie korrekt angegeben war. Andersherum gewährleistet seltsamerweise eine vollständige, zutreffende Anschrift auch nicht unbedingt, dass eine Postsendung ankommt.
Nachdem, wenn dafür denn noch Platz gelassen wurde, noch der Absender, also die eigene Anschrift, notiert worden ist, gilt es nun, irgendwie in den Besitz einer gültigen Briefmarke zu gelangen. Auch für diese sollte Platz gelassen werden, vorne drauf funktioniert nicht immer.
So, dann also Briefmarke drauf, und in einen Briefkasten der Post stecken. Die sehen überall unterschiedlich aus, und manchmal, zum Beispiel in Berlin und in Rom, gibt es nach Postleitzahl (des Adressaten) getrennte Einwurfstellen.
Bezüglich der Briefmarken gibt es unterschiedliche Möglichkeiten zu improvisieren, wenn keine passende vorhanden. Natürlich ist es möglich, verschiedene Marken kleinerer Beträge so zu kombinieren, dass letztlich doch die volle Summer erreicht wird. Dies ist zwar von Seiten der meisten PostbeamtInnen* (bzw. nichtmehr -beamtInnen*) nicht gern gesehen, aber wird oft geduldet. Im Notfall kann man auch, wenn man platz für den Absender gelassen hat, diesen einfach durch die Zieladresse ersetzen, und draufkleben, was an Briefmarken zur Verfügung steht.
Das funktioniert aber nicht immer, und auch nicht über einen längeren Zeitraum an die gleiche Adresse.
Das tolle an Postkarten ist, dass sie irgendwie nach wie vor, und im Gegensatz zu Elektronischen Kurznachrichten,weitgehend von Mensch zu Mensch, von Hand zu Hand weitergereicht werden. Eine Postkarte ist nicht nur Kommunikation zwischen Absender und Adressat, sondern außerdem, zumindest potentiell, auch Nachricht an eine ungewisse Anzahl von Personen, die in den Prozess der Postsendung eingebunden sind. Und anders als bei dem Geheimdienstmitarbeiter, der eventuell meine Mails mitliest, ist es bei der Postkarte irgendwie offensichtlich.
Jede Variante, jedes nicht-ordnungsgemäße verkleben einer Briefmarke ist also quasi Kommunikation mit einer irgendwie unbekannten Öffentlichkeit, ganz zu schweigen von der, vielleicht für den Postboten extra ausführlich beschriebenen, Urlaubsromanze/Bettgeschichte, der Spirituellen Erkenntnisreise, dem Detektivabenteuer, es sind keine Grenzen gesetzt.
Und, das tollste, Postkarten verändern sich mit der Zeit. Sie werden alt, bekommen Kaffeeflecken, an den Ecken gehen die Pappschichten auf und der Druck wird brüchig, man kann förmlich spüren wie viele Sommer es her ist, dass man diese oder jene geschickt bekommen hat.
Also los, Alerta, Vamos a la playa! Für mehr Liebe, Urlaubspost, Kommunikation und direct action, schreibt mehr Kärtchen! !!!!! !!
Und Gegen den Privatbesitz an Briefmarken.
Liebst!